Erster kommunaler Neubau in Holz-Strohbauweise: Arbeiten am Hort Anne Frank liegen im Zeitplan
HANSESTADT LÜNEBURG. – Massive Holzrahmen ragen wenige Meter südöstlich der Anne-Frank-Grundschule in Kaltenmoor in die Höhe. Die einzelnen Geschosse des Hortneubaus sind bereits zu erkennen. Seit dem offiziellen Spatenstich im Februar hat sich einiges getan. Und es herrscht weiter reges Treiben auf dem rund 1300 Quadratmeter großen Grundstück. Vor allem Zimmerer Benedikt Kaesberg und sein Team packen aktuell an, sie sind für den Einbau des Strohs sowie das Verputzen mit Lehm zuständig. Denn – und das ist bisher bundesweit einmalig – die Hansestadt Lüneburg lässt diesen kommunalen Neubau komplett in Holz-Strohbauweise errichten. Angelehnt an das Prinzip Cradle-to-Cradle.
„Wir setzen ausschließlich auf nachhaltige Baustoffe und reduzieren den Materialeinsatz soweit es geht“, erläutert Stephan Cohrs, Bereichsleiter Hochbau und Technik bei der Hansestadt. Lediglich für die Bodenplatte wurde Recycling-Beton eingesetzt. Wo sonst vielleicht Glaswolle oder Ähnliches zur Wärmedämmung genutzt wird, befindet sich beim Hortneubau Stroh. Einer der Vorteile: Das Stroh dient gleichzeitig als Putzträger, kann direkt mit Lehm verputzt werden, wie Benedikt Kaesberg erklärt. Und: Das Stroh ist regional produziert, stammt von einem Feld nahe Boizenburg.
Um den Materialeinsatz bestmöglich reduzieren zu können, gab es während der Planungsphase Workshops mit Fachplanern. „Wir lassen einige Bauteile einfach weg“, sagt Stephan Cohrs, um direkt hinzufügen: „Natürlich keine tragenden Elemente. Wir verzichten zum Beispiel auf abgehängte Decken, die lediglich zur Verkleidung dienen würden.“ Das erfordere im Vorfeld intensivere Planungen, da einzelne Bauteile „schöner“ gestaltet werden und erforderliche Technik bereits enthalten müssen, erläutert er.
6,5 Millionen Euro kostet der Hortneubau. Ein höherer Preis wegen der nachhaltigen Bauweise? „Endgültig kann man das erst nach Fertigstellung sagen“, betont Cohrs. Es habe Kostensteigerungen gegeben, jedoch vor allem aufgrund gestiegener Liefer- und Materialkosten im Zuge des Ukraine-Kriegs, nicht wegen der besonderen Materialauswahl. „Grundsätzlich liegen wir sowohl zeitlich als auch finanziell im Plan.“
Der Plan sieht vor, dass der neue Hort zum Beginn des Schuljahres 2024/25 bezogen werden kann. Das moderne Gebäude bietet Platz für Gruppen- und Hausaufgabenräume, einen Werkraum und eine angegliederte Werkstatt sowie einen multifunktional nutzbaren Eingangsbereich und Verwaltungsräume. Multifunktionalität ist ohnehin ein gutes Stichwort, denn die Horträume sollen vormittags auch für schulische Aktivitäten genutzt werden.
„Schul- und Hortnutzung zusammen zu denken, ist ein Novum, das auch auf andere Standorte ausgeweitet werden könnte“, sagt Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch. Begeistert ist sie auch von der nachhaltigen Bauweise: „Recycelte Materialien, Stroh als Dämmstoff und Lehm als Putz – hier wagen wir als Kommune in Sachen nachhaltigem Bauen einmal mehr Pionierarbeit.“ Pionierarbeit, die im Übrigen auch überregionales Medieninteresse hervorruft. So war ein Filmteam im Auftrag des ZDF für eine Reportage auf der Baustelle, filmte unter anderem eine Baustellenbegehung mit Claudia Kalisch und Stephan Cohrs sowie die wohl erste Strohtaufe für eine Oberbürgermeisterin. Der Film wird voraussichtlich im Dezember zu sehen sein.
Stroh kommt als Dämmstoff zum Einsatz. Jost Völker ist einer der Handwerker, die zurzeit die Außenwände dämmen. Foto: Hansestadt Lüneburg
So sieht es aktuell auf der Baustelle beim Hortneubau wenige Meter südöstlich der Anne-Frank-Grundschule in Kaltenmoor aus. Foto: Hansestadt Lüneburg
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