Wir brechen das Schweigen! Lüneburger Initiativen setzen ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen zum Auftakt der „Orange Days“
Presseinformation des Lüneburger Bündnisses gegen Gewalt an Frauen
Auch in diesem Jahr setzt sich ein großes Bündnis in und um Lüneburg anlässlich des Internationalen Aktionstages dafür ein, auf Gewalt gegen Frauen aufmerksam zu machen. An den weltweiten „Orange Days“, die die Vereinten Nationen vom 25. November jeden Jahres bis zum 10. Dezember, dem Internationalen Tag der Menschenrechte ausgerufen haben, beteiligen sich wieder zahlreiche Lüneburger Einrichtungen. Außerdem leuchten das Rathaus, der Wasserturm und die Caféteria Klippo im Zentralgebäude der Leuphana Universität in orange.
Erstmals beteiligt sich auch die IHK am Sande und wird während der gesamten Orange Days Fenster von innen heraus orange beleuchten.
Mit einer Demonstration am 25.11. soll lautstark auf das fortbestehende gesellschaftliche Problem aufmerksam gemacht werden: Sie startet um 16 Uhr bei der Landkreisverwaltung, Auf dem Michaeliskloster 4 und endet gegen 17 Uhr mit einer Kundgebung am Rathaus (Waagestraße).
Gewalt gegen Frauen ist 2023 statistisch noch gestiegen – jedoch weiterhin angst- und schambehaftetes Thema
Frauen und Mädchen sind die häufigsten Opfer körperlicher und sexualisierter Gewalt. Für Frauen ist das Risiko, durch einen Beziehungspartner physische und/oder sexualisierte Gewalt zu erfahren, weitaus höher, als von einem Fremden tätlich angegriffen zu werden. Bildung, Einkommen, Alter und Religionszugehörigkeit sind dabei völlig bedeutungslos. In Deutschland ist oder war schon jede vierte Frau Opfer von häuslicher Gewalt.
Laut polizeilicher Kriminalstatistik der Polizeiinspektion Lüneburg gab es im Jahr 2023 insgesamt 1.155 Fälle gemäß der bundeseinheitlichen Definition "Häusliche Gewalt", was einer Steigerung von 3,2 Prozent entspricht. In den Vorjahren waren es noch 1.119 (2022) bzw. 879 (2021) Taten. Es lagen 338 Sexualdelikte vor, davon 48 Mal sexueller Missbrauch und 178 Fälle von Kinderpornographie.
Ein Anstieg der Opfer von häuslicher Gewalt ist auch bundesweit festzustellen – die Zahlen sind um mit 6,5 Prozent gestiegen. Im Bereich der Partnerschaftsgewalt stieg die Anzahl der Opfer um 9,1 Prozent auf 157.818 Personen, in mehr als 80 Prozent der Fälle sind Frauen die Opfer. Die meisten Opfer lebten zur Tatzeit mit dem Täter in einer bestehenden Partnerschaft oder Ehe.
Dies sind jedoch nur die von der Polizei registrierten Fälle – die Dunkelziffer dürfte sowohl bei der häuslichen als auch bei der enger eingegrenzten Partnerschaftsgewalt weitaus höher liegen, da viele Fälle nicht zur Anzeige gelangen, etwa aus Angst oder Scham.
155 Frauen sind im Jahr 2023 sogar durch ihre Partner oder Ex-Partner getötet worden. Im Jahr zuvor gab es 133 Femizide in Deutschland.
Lüneburger Aktionsbündnis fordert, hinzuschauen
Die städtische Gleichstellungsbeauftragte Karin Fischer bezieht sich auf die Forderung der Bundesinnenministerin, dass die Gesellschaft sehr deutlich hinschauen, eingreifen und Gewalt gegen Frauen und Gewalt in Familien keinesfalls akzeptieren darf. Niemand sollte sich schämen, Opfer von Gewalt geworden zu sein. Die Schuld liege nie beim Opfer, sondern immer beim Täter. „Wir müssen die Gewaltspirale stoppen. Entscheidend ist, dass die Täter ihr aggressives Verhalten beenden und sich tatsächlich verändern. Da nehme ich Frau Faeser beim Wort, dass wir auch verpflichtende Anti-Gewalt-Trainings für die Täter brauchen".
Kathrin Richter von der Polizeiinspektion Lüneburg betont: „Bei der häuslichen Gewalt handelt es sich um einen besonders sensiblen Bereich der Kriminalität. Die Dunkelziffer in diesem Deliktsfeld ist sehr hoch. Die Opfer sind oft stark eingeschüchtert, sie fürchten Repressionen und haben Angst, den Täter oder die Täterin bei der Polizei anzuzeigen.“ Gerade deshalb lege die Polizei einen Fokus darauf, Opfer häuslicher Gewalt durch gezielte Präventionsarbeit zu stärken und die Täter oder Täterinnen zur Verantwortung zu ziehen.“
Nicola Busch, Präsidentin von den Lüneburger Soroptimistinnen ist erschüttert über die erneut deutlich gestiegenen Zahlen zur Häuslichen Gewalt. "Sie zeigen das erschreckende Ausmaß einer traurigen Realität, die wir nicht hinnehmen wollen", sagt sie.
Mira Lambertz vom Verein Frauen helfen Frauen e.V. fasst die übereinstimmende Forderung des Lüneburger Aktionsbündnisses für ein wirksames Gewalthilfegesetz entsprechend der sog. Istanbul-Konvention zum Schutz vor Gewalt gegen Frauen und Mädchen zusammen: "Wir brauchen dringend ein flächendeckendes, niedrigschwelliges Unterstützungsangebot bestehend aus sicheren Zufluchtsorten und kompetenter Beratung, das finanziell abgesichert ist."
Lüneburg bricht mit vielfältigen Aktionen das Schweigen
Das starke Lüneburger Bündnis gegen Gewalt an Frauen setzt sich auf vielen Ebenen für größeren Schutz und umfassende Prävention ein. Insbesondere während der „Orange Days“ gibt es vielfältige Aktionen, um dem Thema mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen und gleichzeitig die Öffentlichkeit dafür zu sensibilisieren, genauer hinzuschauen und aktiv gegen Gewalt an Frauen vorzugehen. Die Demonstration am 25.11. durch die Lüneburger Innenstadt bildet den Startpunkt. Sprechen wird hier auch Bürgermeisterin Hiltrud Lotze.
Darüber hinaus setzen die Stadt und der Landkreis Lüneburg, das Museum, die Polizeiinspektion und die Leuphana Universität ein deutliches Zeichen mit den Fahnen „Nein zu Gewalt an Frauen“. Sowohl der Landkreis als auch das Museum Lüneburg und die Leuphana Universität hissen die Fahnen über die gesamten Orange Days hinweg. Im Foyer der Universitätsbibliothek wird bis zum 20.11. die Ausstellung „Es könnte so schön sein“ gezeigt.
Groß angelegt ist diesmal die Aktion des Runden Tisches gegen Gewalt in der Familie, der für die Baumwolltaschen mit der Aufschrift „Gewalt ist nicht tragbar“ verschiedene Sponsorinnen gefunden hat. Hieran hat Agora Club Tangent 56 Lüneburg einen großen Anteil, so dass auch die Marktbeschickerinnen und Marktbeschicker ihre Produkte in den bedruckten Taschen verteilen können und ihren Beitrag dazu leisten, das Schweigen zu brechen. Diese Aktion dient dazu, die Homepage des „Runden Tisches gegen Gewalt in der Familie“ bekannter zu machen und somit die hier vorhandenen regionalen Hilfeeinrichtungen und Möglichkeiten vorzustellen: www.gegen-gewalt-in-der-familie.de.
Die Lüneburger Soroptimistinnen werden auch in diesem Jahr wieder mit Unterstützung der Bäckerei Harms 30.000 Brötchentüten mit dem Motto „Gewalt kommt nicht in die Tüte“ in Stadt und Landkreis mit mehrsprachigem Hinweis für das bundesweite Hilfetelefon in Umlauf bringen.
Der Kinderschutzbund Lüneburg verteilt Sportbeutel an Kinder und Jugendliche in Stadt und Landkreis Lüneburg, um sie zu ermutigen „Du darfst es sagen“ und sich an die Hilfetelefonnummer zu wenden.
Untermalt werden die Veranstaltungen auch wieder durch die Sprühkreide-Aktion der Frauenpolitischen Initiative Lüneburg. Mit ausschließlich wasserlöslicher Sprühkreide wird mit der Schablone "Gewalt hinterlässt Spuren" auf Gehwegen in der Innenstadt auf die Dramatik des Themas Gewalt aufmerksam gemacht. Andere Schriftzüge sind nicht mit der Veranstalterin abgesprochen und nicht mit der Veranstaltung in Verbindung zu bringen.
Weitere Veranstaltungen in Lüneburg
Darüber hinaus gibt es weitere öffentliche Veranstaltungen anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen:
Am Mittwoch, den 27.11.24, um 18:30 Uhr ein Dialog und Gespräch "Schutz vor Gewalt gegen Frauen in Lüneburg: gestern - heute - morgen" im Foyer des Museums Lüneburg. Veranstaltet von der Gleichstellungsbeaufragten der Hansestadt Lüneburg in Kooperation mit der Frauenpolitischen Initiative Lüneburg und Frauen helfen Frauen e.V.
Am Freitag den 29.11.24 folgen um 18:00 Uhr ein Vortrag mit Austausch zu „Antifeminismus - eine Form der Gewalt“ mit der Referentin Wiebke Eltze von der amadeu antonio Stiftung, veranstaltet von der Frauenpolitischen Initiative in Kooperation mit der VHS, dem VNB/Bundeszentrale für politische Bildung und der städtischen Gleichstellungsbeauftragten im Foyer der VHS Lüneburg.
Abschließend wird am Montag, den 04.12. um 19:30 Uhr der Film „Woman“ in der Reihe „Frauen drehen auf“ von der Frauenpolitischen Initiative Lüneburg in Kooperation mit dem SCALA Programmkino und der Gleichstellungsbeaufragten der Hansestadt Lüneburg gezeigt.
Gemeinsam Zeichen setzen
Wenn auch Sie Ihre Unterstützung für weibliche Gewaltopfer zeigen wollen, kommen Sie am 25.11. und beteiligen sich an der Demonstration, nutzen Sie die verschiedenen Tüten und Taschen, um ein Zeichen zu setzen. Im Sinne der Orange Days nehmen Sie gerne auch in orangefarbener Kleidung und/oder mit orangen Warnwesten teil.
Kontakt: Karin.Fischer@stadt.lueneburg.de
Das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" ist rund um die Uhr und kostenlos unter 116016 erreichbar.
Foto: Hansestadt Lüneburg
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